Dienstag, 28. Oktober 2008

Die Ätzerei, Kapitel 2 Doppelgetriebe

Bauanleitung Doppelgetriebe

Das Doppelgetriebe entstand, weil es kein brauchbares Getriebe für den Antrieb zweier Achsen auf dem Markt gab. Die einzige Alternative hat nur eine angetriebene Achse, was sich im Gelände und besonders auf losem Untergrund als nachteilig erwiesen hat.

Um eine angemessene Modellgeschwindigkeit für die 1:87 Modelle zu erreichen, muss man sich zuerst Gedanken darüber machen, was man mit dem Modell später einmal anfangen will.

In diesem Fall war ein Baukipper mit drei oder vier Achsen das Ziel, wobei sich das Getriebe mit einem Vorgelege aber auch für Schwertransporter als gut geeignet erwiesen hat.

Die Untersetzung der hier vorgestellten Variante setzt sich wie folgt zusammen:

In der ersten Stufe wird die Eingangsdrehzahl mit einem 19:1 Schneckengetriebe untersetzt und treibt die Welle an, die auch das Fahrzeuggewicht trägt. Das mag vor allem den Modellfreunden größerer Maßstäbe bedenklich erscheinen, aber bei den Kräften, die bei den kleinen Modellen wirken, ist das ein durchaus vertretbarer Kompromiss.

Die zweite und dritte Stufe der Untersetzung besteht aus einem Stirnradgetriebe, 19:1 in der zweiten und 35:12 in der dritten Stufe. Die Gesamtuntersetzung beträgt somit

19:1(19:12)(35:12) = ca.1:87,7.

Die beiden Achsen können gemeinsam kippen und so Unebenheiten der Fahrbahn gut ausgleichen, durch die wippenartige Konstruktion übertragen beide Achsen das Fahrzeuggewicht gleichmäßig auf die Fahrbahn, was zu einer sehr guten Bodenhaftung führt

und, wie oben schon angedeutet, das Einsinken auf losem Untergrund verringert.

Um das Getriebe mit möglichst wenig Aufwand zu realisieren, habe ich auf meine fast schon traditionsreiche Ätztechnik zurückgegriffen. Damit lassen sich alle erforderlichen Teile sehr genau und mit überschaubarem Aufwand herstellen, ohne jedes Mal neue manuelle Arbeit investieren zu müssen. Die verwendeten Zahnräder haben alle Modul 0,2 und stammen aus dem Hause Mikroantriebe. Verschiedene Varianten sind möglich, so kann man z.B. das 12/19 Doppelzahnrad mit einem 1mm Messingniet lagern, aber auch eines aus POM mit angespritzter Welle benutzen. POM hat eine kleinere Gleitreibungszahl wie Messing, deshalb sollte zumindest auf dem Papier eine höhere Leistung an den Rädern ankommen.

Am Rande sei noch folgendes bemerkt: das Schneckengetriebe muss in Ermangelung eines geeigneten, schräg verzahnten Zahnrades mit einem gerade verzahnten auskommen, die übliche Formel zur Abstandsberechnung kann man dazu nicht mehr verwenden, weil die Projektion der Schnecke dazu führt, dass der Abstand erhöht werden muss, oder man ein Zahnrad mit größerem Modul wählen muss.

Der Zusammenbau der Ätzteile ist in diesem Fall schon etwas diffiziler, weil die Achsabstände sehr genau stimmen müssen, bei Modul 0,2 sind die Zahnräder gegen Toleranzen schon empfindlich.

Zuerst muss der Photolack vom Blech entfern werden, ich bevorzuge dazu eine Messingdrahtbürste und eine Minibohrmaschine. Alternativ kann man auch mit einem Lösungsmittel oder einer alkalischen Lösung arbeiten, aber wo man die Chemie vermeiden kann, sollte man das auch tun.

Als nächstes werden die Ätzteile von den Stegen befreit, die sie am Blech festhalten, das geht ganz am Anfang noch am leichtesten, später wenn alles zusammengefunden hat, ist das viel schwieriger und man könnte mit dem Werkzeug auch etwas beschädigen, außerdem würde man sich die Späne in Getriebe feilen.

Bevor die Teile gebogen werden, müssen noch die Bohrungen aufgerieben werden, da die geätzte Kante als Lauffläche für die Wellen nicht geeignet ist. Um eine möglichst spielfreie aber dennoch leichtgängige Lagerung herstellen zu können, benutze ich Fünfkant Kegelreibahlen der Firma Fohrmann. Auf jeden Fall zu vermeiden ist eine überbestimmte Lagerung, d.h. drei konzentrische Lager für eine Welle sind zuviel. Das eventuelle dritte Lager wird also auf ca. 1,2mm aufgebohrt. Besonders wichtig ist das auch bei dem Schneckengetriebe in Verbindung mit einem Vorgelege.

Um die Blechteile exakt an der richtigen Stelle abbiegen zu können, benutzt man am besten eine Zange ohne Riffelung, die würde das filigrane Teil sonst schnell in ein Wellblech verwandeln.

Das erste zu biegende Teil ist das Schneckengetriebe, wobei man stufenweise vorgeht und die Kanten entsprechend den Bildern verlötet. Das ist notwendig, weil sich die auf halbe Blechstärke verringerte Biegekante sonst als Sollbruchstelle entpuppen könnte.

Mit viel Übung kann man die inneren Kanten auch von außen löten und das Lot folgt dem Lötkolben nach unten, ein kleiner Lötkolben ist aber auf jeden Fall von Vorteil.

Der Radius der Lotkehle sollte dabei möglichst minimal bleiben, damit später nichts klemmt oder schleift, notfalls kann man mit einem kleinen Fräser etwas nachhelfen.

Als nächstes wird die Wippe gebogen, wobei die Lotkehle der beiden Verbindungsstege ruhig etwas großzügiger ausfallen kann, weil sich in deren Nachbarschaft keine beweglichen Teile befinden.

Als nächstes kann man den Einbau der Zahnräder und Wellen vorbereiten. Dazu klebt man mit einem geeigneten, anaeroben Klebstoff (z.B. Loctide 638) das 12er Stahlritzel auf die 1mm Welle, die später das Fahrzeug trägt. Etwas Wärmezufuhr beschleunigt den Aushärtungsprozess, trotzdem sollte man sich an die Herstellerangabe für die Härtezeit halten.

Gleiches gilt für die Schnecke, die allerdings vorher noch durchzubohren und aufzubohren ist. Die Länge der Welle für den Antrieb des Getriebes sollte man nicht zu knapp bemessen, nachträgliches kürzen ist kein Problem. Die kurze Seite der Welle darf auf keinen Fall zu lang sein, sonnst lässt sie sich nicht durch die Lagerung im Blech fädeln, wenn man diese abbiegt, auf jeden Fall sollte der Überstand weniger wie 1mm betragen und mit einer großzügigen Fase versehen werden.

Bei der anschließenden Montage der beiden Gehäuseteile muss man unbedingt auf deren Freigängigkeit achten, speziell an der Lagerung der 12/19er Zahnräder, ob nun mit integrierter Welle oder Niete, Unterlegscheiben leisten hier gute Dienste.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Montage des „Schneckenrades“, sollte man dort ein Fehler machen, lässt sich das nur mit erheblichem Aufwand reparieren.

Am einfachsten überwindet man dieses Hindernis mit eine POM Zahnrad, weil dieses auf die Welle aufgepresst werden kann. Sollte man aber ein Messingzahnrad mit Stahlnabe verwenden, ist kleben erforderlich, das Aufbringen des Klebers erfordert eine sehr ruhige Hand und die richtige Dosierung, die Position der Welle muss genau stimmen, da sie sich im Gegensatz zu der Version mit aufgepressten POM Zahnrad nachträglich nicht mehr verschieben lässt.

Um die Prozedur etwas zu erleichtern, kann man die Stahlnabe und das, auch bei POM, erforderliche Distanzstück mit zwei Schlitzen versehen, so kann der Kleber die Welle gut erreichen, der Rest besorgt die Kapillarwirkung.

Jetzt kann die Antriebswelle mit der Schnecke eingesetzt werden, wobei das „lange“ Ende

durch die bereits abgebogene Wand in die Lagerung gefädelt wird. Als nächstes wird dann die gegenüberliegende Wand abgebogen, wobei gleichzeitig darauf zu achten ist, dass die Welle

durch das Lager geschoben wird. Ist das geschafft, werden die Kanten verlötet.

Jetzt ist das Getriebe nur noch auf der Oberseite geöffnet und kann schon geölt werden.

Nach dem abbiegen der Oberseite wird diese ebenfalls verlötet, am einfachsten beidseitig zwischen den Befestigungsbohrungen mit einem größeren Lotpunkt, so vermeidet man starke Hitzeentwicklung und das Verlöten der Bohrung.

Jetzt kann man die restlichen Zahnräder relativ einfach auffädeln, in die 35er POM Zahnräder für die Abtriebswelle presst man dazu die 1mm Wellen ein.


Zu guter letzt fehlt nur noch die Deckplatte, die an dem Steg der Wippe verlötet wird, oder bei Verwendung der 1mm Niete alternativ auch an den Nieten. Hier ist wieder etwas Geschick gefragt, um nicht zu stark aufzuheizen, das schadet nicht nur den Kunststoffzahnrädern, sondern auch der geklebten Verbindung zwischen Welle und Nabe, die bekanntlich am einfachsten durch intensive Wärmeeinwirkung gelöst wird.

Nachdem jetzt alles montiert ist, kann man sich an einen Testlauf machen, vielleicht schon mit dem dafür vorgesehen Motor oder für die mutigeren mit der Minibohrmaschine.

Leichtes ölen verringert die Stromaufnahme merklich, es kommen ja auch viele Lager zusammen.

Als letzter Schritt werden die Abtriebswellen am Modell ausgerichtet, was sich dank der 35er POM Zahnräder sehr einfach bewerkstelligen lässt, danach ist das Getriebe fertig zum Einbau,

der zum erreichen maximaler Fahrzeit immer mit einem Strommessgerät erfolgen sollte.

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